Welche Wahrnehmung du unbewusst von der Welt hast, bestimmt mit darüber, wie du dich deinem Kind gegenüber verhältst.
Zum Beispiel ob du mit einem bestimmten Verhalten verständnisvoll umgehen kannst oder sehr schnell ungeduldig wirst.
Denn es entstehen automatisch Gedanken, die dir nicht unbedingt bewusst sind. Aus Gedanken können sich Gefühle entwickeln, schöne oder unangenehme. Und die wiederum bestimmen dein Verhalten.
Buddha sagte: „Mit unseren Gedanken formen wir die Welt“
Soll heißen: unsere persönliche Wirklichkeit ist nicht nur von äußeren Umständen und Tatsachen abhängig, sondern auch davon, wie wir diese Umstände wahrnehmen.
Und wie wir das tun – ob wir also diese Umstände als schön wahrnehmen oder als herausfordernd, liegt auch daran, wie wir sie bewerten oder welche Bedeutung wir ihnen geben.
Das passiert meistens völlig unbewusst. Und – du ahnst es schon – hängt auch wieder davon ab, welche Erfahrungen wir in unserem Leben bisher so gemacht haben. Ob wir geborgen und mit stets gut gefülltem Liebestank groß geworden sind. Oder ob es eher widrige Umstände waren, unter denen wir aufgewachsen sind. Gabor Maté, ein kanadischer Arzt und Psychotherapeut ergänzt daher Buddhas Zitat so:
„Mit unseren Gedanken formen wir die Welt. Aber vorher formt die Welt unsere Gedanken“
Ob wir grundsätzlich wohlwollend und voller Vertrauen auf unsere Umgebung schauen, oder eher misstrauisch und vorsichtig, liegt also auch an unserer Prägung.
Und klar – manche Umstände sind einfach scheiße und manche von uns haben es schwerer als andere. Das anzuerkennen ist wichtig und keinesfalls sollte hier jemand ein „siehst du, du musst es einfach positiv sehen“ ableiten! (Das nennt man toxische Positivität und ist nicht hilfreich)
Unsere grundsätzliche Sicht auf die Welt zeigt sich oft aber schon in ganz alltäglichen Momenten.
Vielleicht kennst du davon etwas?
Dein Kind wirft heute schon zum dritten Mal das Glas um – schon wieder interessiert es sich nicht dafür, wie erschöpft du heute eh schon bist!
Es trödelt beim Anziehen, obwohl du dringend pünktlich beim Arzttermin sein willst – klar, es hat keinen Bock auf den Termin und will dich ärgern!
Oder es stolpert mal wieder über den am Boden liegenden Hund – es war ja auch gerade sauer, dass du den Fernseher ausgemacht hast und lässt nun seine Wut am Tier aus!
Alle drei Beispiele haben etwas gemeinsam: Sie enthalten Gedanken, die reine Spekulation sind!! NICHTS davon kannst du mit Sicherheit wissen. Es ist die Interpretation, die dein Gehirn automatisch gewählt hat, weil es den gewohnten, schnellsten Nervenverbindungen gefolgt ist, die deine Erfahrungen in dein Nervensystem eingeprägt haben.
Genauso wahrscheinlich:
Dein Kind wirft heute schon zum dritten Mal das Glas um – der Teller mit den Käsewürfeln auf dem Tisch ist für das Kind wirklich schwer zu erreichen, vielleicht stellst du ihn näher zum Kind.
Es trödelt beim Anziehen, obwohl du dringend pünktlich beim Arzttermin sein willst – es ist verunsichert, was da wohl auf es zukommt und braucht deine Hilfe um sich dir nah zu fühlen.
Oder es stolpert mal wieder über den am Boden liegenden Hund – es wollte sich in sein Zimmer zurückziehen und hat vor lauter Trauer und Wut nicht auf den Weg achten können.
Welcher der beiden möglichen Gedanken über ein und dieselbe Situation wird wohl eher dafür sorgen, dass du dich deinem Kind verbunden und mitfühlend zuwenden kannst?
Und welcher wird wohl eher zu Streit und Unzufriedenheit führen?
Deine Sicht auf die Welt beeinflusst dein Verhalten gegenüber deinem Kind
Und das meistens, ohne dass du es merkst.
Diese voll automatischen Gedankengänge und Interpretationen bezeichnet man auch als die „Innere Landkarte“ eines Menschen.
Eine Landkarte ist aber erstmal nur eine Abbildung der Landschaft. Sie kann sehr genau sein, kann aber genauso gut total falsch sein. Der Philosoph Alfred Korzybski sagte: „Die Landkarte ist nicht das Gebiet“
Damit ist gemeint, dass unsere Sichtweise auf die Welt eben nur UNSERE Sichtweise ist und es genau so gut andere Sichtweisen geben kann. Deine Wahrnehmung der Welt stimmt nicht unbedingt mit der Realität überein, auch wenn es sich für jeden einzelnen für uns so anfühlt, als wäre unsere Sichtweise die einzig denkbare.
Die eigene Innere Landkarte
Wie auf einer „echten“ Landkarte gibt es auch auf deiner inneren Landkarte mehrere Wege zu einem Ziel. Es kann also durchaus sein, dass es dir heute gelingt, das Verhalten deines Kindes eher wohlwollend zu interpretieren, während du morgen vielleicht wieder alles persönlich nimmst.
Wovon ist abhängig, welchen Weg wir wählen? Häufig von unserem eigenen Wohlbefinden. Dem Füllungszustand unseres Energietanks. Dem an diesem Tag vorherrschenden Stresslevel. Von eigenen unangenehmen Gefühle.
Bei dem Beispiel mit dem Trödeln vor dem Arztbesuch könnte es sein, dass du selbst Angst vor dem Termin hast (vielleicht, ohne es so genau zu wissen. Denn wir sind alle Meister im Verdrängen unangenehmer Gefühle). Mit dieser Angst wäre dein Nervensystem eh schon erregt. Kommt dann auch noch eine „Störung“ dazu, interpretierst du das Verhalten vielleicht viel negativer, als wenn du vorher tiefenentspannt warst.
Innere Landkarte: Warum kann sie zum Problem werden?
1. Ein Teufelskreis kann entstehen
Das, worauf du besonders achtest (wo du also den Fokus deiner Aufmerksamkeit drauf legst -z.B. wenn dein Kind echt mal nervig ist), stuft dein Gehirn als wichtig ein.
Die Folge ist, dass sich dein Gehirn dann umso mehr auf z.B. nerviges Verhalten konzentriert. Scheint ja schließlich wichtig zu sein.
Du wirst also noch aufmerksamer für nerviges Verhalten.
Es entsteht quasi ein Teufelskreis aus negativem Erleben und negativer Wahrnehmung und negativem Erleben und…
2. Prägung deines Kindes
Dein Kind übernimmt unbewusst deine Wahrnehmung als seine Realität. „Wenn Mama mich nervig findet, dann wird da schon was dran sein.“
So können schmerzhafte Glaubenssätze entstehen und das Selbstwertgefühl kann leiden.
3. Wahrnehmung wird Realität
„What you see is what you get“. Dein Kind passt sich eventuell unbewusst dem an, was wir du in ihm siehst (Kinder kooperieren immer, wenn sie können. Sie kooperieren auch mit unseren Erwartungen). Bekommt ein Kind zum Beispiel immer die Schuld an Geschwisterkonflikten, verfestigen sich vielleicht unschöne Streitmuster – ist es doch sowieso immer der „Mops“.
Grund genug also, deine innere Landkarte mal genauer unter die Lupe zu nehmen!
Wie du das anstellen kannst, erfährst du in diesem Blogartikel.
Hier kannst du nachlesen, was in deinem Nervensystem passiert, wenn du ausrastest und nichts dagegen tun kannst. Und in diesem Blogartikel erfährst du, wie du die Anzeichen dafür erkennst.
Und erzähl´ gern in den Kommentaren unter diesem Artikel, wie deine Wahrnehmung heute ist.
Welchen Weg deiner inneren Landkarte schlägst du heute ein?
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